Hesen Düman
Hesen Düman (Hesenê Brahîmê Elîyê Temoyê Hisoyê Hemzo) kommt im Jahr 1924 als ältester Sohn für seine Eltern Brahim und Seyran in Qulika (Türkei) auf die Welt.
Gezeichnet von der damaligen Armut, von etlichen religiösen Verfolgungen, von ständigen politischen Unruhen und von zahlreichen menschlichen Verlusten überlebte er die unmöglichsten Umstände. Er reifte mit jeder scheinbar unüberwindbaren Herausforderung, trotzte jedem noch so schwerwiegenden Schicksalsschlag und erlangte durch Erlebtes einen Erfahrungs- und Wissensschatz, mit dem er der aus vielerlei Sicht rückständigen umliegenden Gesellschaft voraus war.
Er heiratete 1942 seine Frau Rinde Nemir, mit der er bis an das Ende seines Lebens glücklich lebte.
1947 leistete er seinen Pflichtwehrdienst in Gebze (Türkei), der damals 3,5 Jahre lang dauerte.
Als er 1951 zurückkehrt, sind sein Vater, seine Tante und sein Onkel verstorben. Er übernimmt nun als ältester Sohn die gesamte Verantwortung für seine Familie und die seiner Cousins, da diese auch sehr jung verwaisen.
Aufgrund gezielt inszenierter religiöser Verfolgungen werden zu dieser Zeit viele Yeziden um alles Hab und Gut beraubt, aus ihren Dörfern vertrieben, getötet oder zwangsislamisiert. Infolge dieses 73. Genozids an die Yeziden nehmen Hesen Düman und seine Verwandte viele dieser Verfolgten und Vertriebenen im eigenen Dorf auf.
Als Familienoberhaupt sehnte er sich immer nach technischem Fortschritt und Bildungszugang im eigenen Dorf und erwarb mit knappsten Mitteln bisher verwehrt gebliebene technische Hilfsmittel und setzte sie bewusst zur Verbesserung des Gemeinwohls im Dorf ein. Er war eifrig, improvisierte und baute weitere Werkzeuge, die das Leben und die landwirtschaftliche Arbeit erleichterten.
Hesen Düman genoss hohes Ansehen in seiner Familie, bei seinen Verwandten, bei Dorfbewohnern und all seinen Bekannten. Er stand ihnen und sonstigen Hilfsbedürftigen mit Rat und Tat zur Seite. Er war ein besonnener, ruhiger, liebenswürdiger und mit Bedacht und Demut handelnder Mensch. Aufgrund seines vorbildlichen Umgangs mit Kindern wie Erwachsenen, mit Bekannten wie Fremden und seiner Lebenserfahrungen war er in der gesamten Umgebung als Freund, Helfer, Ratgeber und Familienmensch geschätzt. Trotz nahezu gänzlicher Isolation von der zivilisierten Gesellschaft, dachte er stets voraus und vertrat er für die Region ungewöhnlich fortgeschrittene Wertevorstellungen und versuchte sie zum Teil vergeblich seinem Umfeld zu vermitteln. Der mühsame Kampf um eine dorfeigene Grundschule hat vielen seiner Nachfahren und Zuzüglern des Dorfes den Weg in ihr heutiges Dasein ermöglicht.
Aufgrund politischer und religiöser Unruhen verließ er 1993 seine Heimat und wurde in Deutschland, im niedersächsischen Oldenburg als Flüchtling anerkannt und hier von Familienmitgliedern aufgenommen. Er widmete seinen Ruhestand der Familie und erfreute sich besonders am Wachsen und Gedeihen seiner Enkelkinder, Neffen und Nichten fern von Isolation, Unterdrückung und Verfolgung. Sein Rat und seine Vorbildfunktion waren immer geschätzt und wurden auch in der neuen Heimat gerne aufgesucht.
Er verstarb am 22.11.2006 aufgrund von Herzversagen. Ihm zu Ehren wurde ein neu erschlossener Friedhof auf seinem Land eingerichtet, der seinen Namen trägt und in dem alle (ehemaligen) Dorfbewohner und auch andere Yeziden ihre Toten kostenlos beerdigen können.